Es hat schon etwas Paradoxes, wenn kleinen Kindern in der Zeit um Sankt Martin das Teilen beigebracht werden soll und sie es aus hygenischen Gründen nicht dürfen. Wobei Kinder, so erzählen die meisten Erzieher*innen, mit denen ich in letzter Zeit gesprochen habe, die ganze Pandemie besser aufzunehmen scheinen, als manch ein Erwachsener. Kinder veranstalten keine heimlichen Privatparties im Keller oder stellen den Mundschutz und das Händewaschen in Frage, weil es in den Augen eines Kindes kein nennenswertes Problem darstellt. Sie nehmen die Sache also leichter auf, als wir, obwohl wir ja nur einem „Lockdown Light“ ertragen müssen.
Woher dieser Begriff auch immer entstanden sein mag, so scheint er irreführender denn je zu sein. Denn „Light“ suggeriert uns, es wäre gar nicht so schwerwiegend. Eine Situation oder ein Produkt werden mit dem Etikett „Light“ schnell als leicht und locker empfunden. Ich weiß noch genau, dass ich, als ich noch der Zigarette verfallen war, bei Husten und Halsschmerzen lieber eine Schachtel Marlboro Light gekauft hatte, weil ich dachte, dass light einfach weniger ungesund sei. Unvorstellbar, was für eine Gehirnwäsche dieser Glimmstängel mit mir gemacht hatte. Ähnlich verhält es sich mit anderen Light-Produkten, die unter anderem beim Abnehmen immer noch hoch im Kurs stehen. Der fettreduzierte Light-Joghurt zum Beispiel, den jeder von bestimmt schon mal absichtlich oder aus Versehen in seinem Einkaufswagen hatte. Dem Produkt wird zwar Fett entzogen. Ihm muss aber, um Geschmack und Konsistenz zu erhalten, wieder Zusatzstoffe hinzugegeben werden wie zum Beispiel Zucker. Somit wir aus dem schön anmutenden Wort „light“ ein gefährlicher Täuschungsbegriff, bei dem jedem sofort die Alarmglocken läuten müssten.
Gefährlich wird es auch, wenn uns nun für vier Wochen Kunst- und Kultur, Gastronomie und Reisen untersagt wird und dies als „Lockdown light“ bezeichnet wird. Allein das Wissen, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft in Sachen Wertschöpfung mit 106,4 Milliarden Euro noch vor der chemischen Industrie, den Energieversorgen und der Finanzdienstleistung steht, sollte uns zu denken geben, ob das Aussetzen, um mal ein deutsches Wort anstelle von „Lockdown“ zu benutzen, wirklich „light“ ist.